Cannes
oder
Das sinnlose Bemühen berühmt zu werden
Einleitung
Es war eines dieser unvergesslichen Ereignisse im Leben eines Künstlers.
Völlig überraschend wurde ich im Juli 2012 von einer italienischen, mir völlig unbekannten Galeristin eingeladen, an der internationalen Fiera in Cannes teilzunehmen. Normalerweise muss man Galeristen und Veranstaltern in den Hintern kriechen, um bei einer derartig großen Fiera teilnehmen zu dürfen.
Da lag sie nun vor mir die verführerische kostbare Einladung auf Hochglanzpapier.
Ich las sehr aufmerksam das mir nicht geläufige Französiche, doch in Sachen Ausstellungen kannte ich mich gut aus. So erlag ich ohne die geringste Gegenwehr der Versuchung. Eine Fiera in Cannes, der berühmten Stadt der Filmfestspiele, der Stadt der Schönen und Reichen, wo allein im Hafen ein Milliardenvermögen vor Anker lag.
Diese Einladung zur Fiera schien mir die Türe zu Ruhm und Reichtum zu öffnen. Und wieder einmal erlag ich der Versuchung etwas Großes aus mir zu machen.
An Selbstbewusstsein zumindest mangelte es nicht.
Die Kosten, die Zeit und der Aufwand waren kein Problem.
Ich bin, geprägt durch das Leben, ein skeptischer Mensch geworden und so fragte ich mich wie ein geübter Kriminalist: CUI BONO – Wem nützt es?
Wie kam ich zu dieser unverhofften Ehre?
Eine ehemalige Galeristin aus Mailand, nennen wir sie wegen des Datenschutzes Sissi Galerista, hatte bei ihrer Freundin Laura Adreani ( Galeria Mentana-Firenze) angefragt, ob sie einen Künstler kenne, der die Klasse hat bei einer derartigen Fiera zeitgenössicher Kunst zu bestehen. So viel die Wahl auf Rolf Horn.
Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen einer Galerie und einer Fiera. Fiera bedeutet hier soviel wie eine Kunstmesse. Im Gegensatz zu einer Einzelausstellung in einer Galerie stellen bei einer Fiera bis zu 100 Künstler ihre Werke aus.
Ich fragte Marlene, ob sie Lust hätte, mit mir nach Cannes zu fahren, um einige ihrer Bilder auszustellen. Sie war Feuer und Flamme, denn vor 50 Jahren hatten wir die Cote d´Azur besucht und fast vergessen, wie schön es dort ist.
Sie befürchtete, dass sie nicht ausstellen dürfe, da ja nur ich eingeladen worden sei.
Ich sagte meiner geliebten Marlene, dass es uns Künstlerehepaar nur im Doppelpack – oder gar nicht gibt. Ich machte mir darüber keine Sorge, denn die Beteiligung an der Ausstellung mit 4 Werken kostete 500 Euro und die wackere Sissi Galeria wollte 300 Euro für ihre Bemühungen. Also sollte sie etwas dafür tun.
Natürlich willigte sie ein, denn 300 Euro haben – oder nicht haben – das ist ein großer Unterschied.
Nach einem freundlichen E-Mail – Schriftverkehr war es endlich soweit.
Leider hatte kurz vor der Abreise nach Cannes ein Blitz mein Internet-Modem zerstört, sodass es schwierig war ein hochauflösendes Foto von Marlenes Hinterglasbild für den Katalog zu übersenden. Doch mein Computerfachmann Luca half mir.
Um die Erwartungen auf Ruhm und Geld herunterzuschrauben erzählte ich den Freunden, wir würden nach Cannes wegen der Bouillabaisse – der berühmten französischen Fischsuppe - fahren und nebenbei an einer Fiera teilnehmen.
Langjährige Erfahrungen hatten mich gelehrt, dass bei Ausstellungen in der Regel kein einziges Bild verkauft wird.
Geld verdient nur der Galerist, der den Künstler abkassiert.
Wenn Du Glück hast, mehrt sich Dein bescheidener Ruhm. Zumindest hast Du eine neue Ausstellung in Deinem Curriculum. Dies ist der künstlerische Lebenslauf und Cannes klingt gut. Oder?
Dienstag, der 25.September Monsummano - Antibes
So fuhren wir frohgemut am Dienstag, dem 25. September in der Früh los.
Im Auto waren liebevoll meine beiden Skulpturen „Viola d´Amore“ und die „Masken a la Freud“ in weiche Decken gehüllt. Mit der Viola d´Amore hatte ich den Premio Firenze gewonnen und die Masken waren eine Omage an Sigmund Freud. Sie zu beschreiben ist nahezu unmöglich – man muß sie einfach gesehen haben!
Obenauf lagen sorgsam verpackt Marlenes leicht zerbrechliche Hinterglasbilder.
Mit „Torre del Lago“ hatte sie den Premio Firenze gewonnen und die wunderschönen venezianischen blauen Masken freuten sich schon sehr auf die Ausstellung.
Die Fahrt war kurzweilig. Nach Genua wurde es aufregend.
Hoch droben sausten wir auf der Autobahn gen Antibes, wo unser Ibis-Hotel auf uns wartete. Am Nachmittag kamen wir in Antibes an und wir aßen erst einmal am Meer.
Das Hotel entsprach unseren Erwartungen, denn wir kannten diese Hotelkette gut. Es war ein Drei Sterne Hotel mit gutem Service. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte.
Mittwoch, der 26.September - Cannes – Bilder aufhängen
Am Mittwoch fuhren wir in der Früh mit unseren Kunstwerken nach Cannes.
Vor dem Salon du Port herrschte ein wahres Chaos. Alle 93 Künstler parkten, wie wir, im absoluten Halteverbot, doch die französische Polizei war freundlich und drückte alle Augen zu. Unsere Agentin Sissi Galeria, eine zierliche gepflegte etwa 6o Jahre alte Italienerin empfing uns und wies uns unseren Platz in einer ihrer beiden Boxen zu, die sie angemietet hatte.
Immer, wenn es ein Problem gab wurde Guy Weil - der President der Künstlervereinigung „ Artistes du Monde ( A.D.M.C.) , der Maler und Organisator des Spektakels gerufen. Er war wohl so alt wie ich. Im Gegensatz zu mir ein Mensch mit unerschöpflicher Liebenswürdigkeit und Geduld.
Nachdem wir unsere Werke platziert hatten fuhren wir vergnügt nach Antibes, wo wir in einem Grimaldischloss einige mehr oder weniger schlechte Bilder von Picasso ansahen.
Alle guten Bilder des Genies befinden sich im Besitz reicher Menschen oder zahlungkräftiger Museen. Alle Bilder von Picasso an der Cote d´Azur taugen nicht viel..
Zumindest sind sie das Eintrittsgeld nicht wert.
Nachmittags machten wir in unserem kleinen Hotel eine Siesta.
Abends fuhren wir dann bei strömenden Regen in die Altstadt. Die berühmte Bouillabaisse wartete bereits auf uns. Die erste und einzige Bouillabaisse aßen wir vor 46 Jahren in Monaco in der Nähe des Hafens. Sie war großartig, üppig.
Glücklicherweise habe ich den Preis vergessen.
Im Internet hatte ich mich dieses Mal besser vorbereitet. Allein in Antibes gab es mehrere Restaurants, die diese Fischsuppe zwischen 26 und 92 Euro pro Person anboten.
Wir entschlossen uns für ein einladendes Fischrestaurant „ La Gravette“, wo wir einen provenzalischen Landwein tranken. Auf einem extrem heißen Riesenteller randvoll mit dieser braunen Suppe lagen vier, fünf große verschiedene Fischfilets. Roter und brauner Drachenkopf, Petersfisch, Knurrhahn, Seeteufel, Rotbarben.
Dazu wurden kleine geröstete Brotstücken gereicht, die wir reichlich mit einer Rouille, sowie gehobelter Käse...
Wir fühlten uns wie ein Gott in Frankreich und beglückwünschten uns zu der Entscheidung an der Ausstellung teilzunehmen. Nach diesem göttlichen Essen würde uns nichts erschüttern können.
Donnerstag, der 27.September - Cannes – 1. Vernissage
Den Vormittag verbrachten wir in Cannes und nachmittags betraten wir den Salons du Port.
Uns gingen die Augen über. So viele außergewöhnliche Künstler auf einem Haufen hatten wir zuvor nie gesehen. Guy Weil erzählte voller Stolz, dass er insgesamt 93 Künstler eingeladen hatte und alle waren gekommen.
Normalerweise stelle ich mich in aller Bescheidenheit als den größten lebenden Maler aller Zeiten vor. Das erzielt bei intelligenten Menschen große Heiterkeit. Male ich doch seit 10 Jahren nicht mehr. Die weniger Gescheiten halten mich für einen Spinner. Doch hier waren nur Künstler meinesgleichen. Jeder von ihnen war auf seinem Gebiet der Größte. Ich war hier zuhause. Obwohl ich kaum Französich kann unterhielt ich mich auf das Trefflichste mit meinen ausländischen französichen und englisch sprechenden Kollegen.
Gedämpft wurde unsere Freude als wir zu unserer Box kamen.
Sissi Galeria hatte uns in die hinterste und dunkelste Ecke umplatziert. Marlenes wunderbare Hinterglasbilder waren kaum zu sehen und bei all den anderen Kunstwerken in der Box kamen meine Skulpturen kaum zur Geltung.
Als Vertreter des A.D.M.C ( Artistes du Monde ) für Italien hat sie wohl wenig oder gar keine Miete für ihre zwei Boxen zahlen müssen
Um viel Geld zu verdienen hatte sie viel zu viele Künstler aus Italien akquiriert.
Ich war gut drauf und beschloss wie immer einen vermeintlichen Nachteil zu meinem Vorteil zu nutzen. Dabei half mir meine umwerfende Art auf mich und Marlene aufmerksam zu machen. Sehr zum Leidwesen der hoffnungslos überforderten Sissi.
Die erste Vernissage am Donnerstag war für geladene Gäste und Kaufinteressenten gedacht.
Bereits im Vorfeld hatte mich Sissi um unsere Preisvorstellungen gebeten.
Rolf Viola d´Amore € 15.000
Rolf Olivenholzmasken € 7.500
Marlene Hinterglas Masken € 5.000
Marlene Hinterglas Torre del Lago € 7.000
Bei einem Verkauf sollte sie 10 Prozent bekommen.
Da sich nichts rührte nahm ich die Sache in meine eigenen Hände und kümmerte mich um die vielen Interessenten an unseren Werken. Sissi fürchtete um ihren Verdienst und es wurde ein wenig ungemütlich. Ungeachtet dessen holte ich immer mehr Kunstinteressierte in die zu kleine Box und hörte gar nicht auf unsere prämierten Werke zu loben.
Sissi stand meinem Treiben recht hilflos gegenüber und fragte Marlene: "Rolf é sempre cosi?“
Und Marlene antworte: Ja, Rolf ist immer so auf seinen Ausstellungen. Er ist der Star!
Höhepunkt des Abends war die Ankunft von Marina Picasso. Sie ist die Enkelin des großen Pablo Picasso. Guy Weil hatte sie gewinnen können die Schirmherrschaft dieser Fiera d´Arte zu übernehmen. Wahrscheinlich war sie auch einer der Sponsoren. Ich lernte eine elegante Französin um die 50 Jahre kennen. Sie war stets superbe angezogen und gab sich betont freundlich und zurückhaltend.
Das anschließende Buffet war großzügig und mit Champager Rose klang der Abend zu unserer Zufriedenheit aus.
Freitag, der 28.September - St.Paul de Vence Chagall - Fondatione Maeght
Nach einem wunderbaren Frühstück im Ibis Hotel mit frischen Croissants und Crêpes fuhren wir bei schönstem Wetter in die Berge. Zuerst wollten wir Renoirbilder in Cagnes besuchen. Doch das Haus von Renoir wurde restauriert und die Bilder in ein weiteres Schloss der Grimaldis auf der Akropolis verbracht. Mit viel Mühe fanden wir das Schloss, das natürlich gesperrt war. Unverdrossen fuhren wir nach St.Paul de Vence.
Malerisch lag der Ort auf einem Hügel und versprach uns einen interessanten und heiteren Tag. Gleich am Ortseingang erstanden wir für Marlene ein bezauberndes, handgemaltes T-Shirt.
Sie strahlte. Für sie war der Tag schon gelaufen.
Wir erklommen die steile Stadt in der sich Chagall hat begraben lassen.
Keiner, den ich nach dem Grabmahl fragte, kannte sich aus.
Der ganze Ort besteht nur aus Galerien - exquisiten, guten, schlechten und sehr schlechten.
Eine besonders schöne Galerie lud uns ein. Wir sahen hochwertigste künstlerische Arbeiten, natürlich ohne Preisauszeichnungen. Eine Metallplastik gefiel Marlene und mir und so fragte ich den Galeristen. Er war eines dieser arroganten Arschlöcher, die mich schon vor 50 Jahren veranlassten, die Franzosen nicht zu mögen.
Um sein Interesse an mir zu wecken erzählte ich ihm, dass ich Olivenholzplastiken schaffe. „Ich bin Galerist. Ich kaufe kein altes Holz.“, blaffte e mich an.
Trotzdem wollte ich den Preis der schönen Metallplastik wissen.
Er taxierte mich kurz und erhöhte den horrenden Preis von vielleicht 20.000 Euro schlagartig auf 40.000 Euro. Ich bedankte mich und froh, mich losgeworden zu sein, rief er mir zu:
„ Allez! Schau, dass du weiterkommst!“
Ich grinste ihn an, irgendwie dankbar, dass er mir mein Vorurteil so schön bestätigt hatte.
Natürlich fanden wir das Grab am Ende der kleinen künstlich aufgpuschten Stadt.
Friedhofsstille umfing uns. Außer uns waren nur sechs Menschen, die alle bemüht waren Chagalls Grab die Ehre zu erweisen. Eine russische Touristin - wer auch sonst - führte uns zu dem schlichten Grabstein. Kaum zu lesen war die verwitterte Inschrift. In hundert Jahren wir wohl kein Mensch mehr sein Grab finden. Wird sicher in seinem Sinne sein.
Es war Mittag geworden, doch nach dem ausgiebigen Frühstück verspührten wir keinen Hunger.
Edoardo, der Freund, der mich berühmt machen will, hatte uns zuhause von der Villa Maeght begeistert erzählt. Also wollten wir zu Fuß die Villa finden. Als uns die Füße schmerzten hatschten wir zum Auto. Ein Schild zeigte uns an, wo die Villa zu finden war. So fuhren wir hinauf und fanden einen fast leeren kostenlosen Parkplatz in einem riesigen Park.
Der Eintritt war von 14 auf 11 Euro pro Person reduziert, weil ein Kabinett geschlossen war.
Wir sahen verrückte Skulpturen im Park, eine Villa wo ein Architekt sich verwirklichen durfte und Räume schaffte, würdig um große Kunst zu repräsentieren.
Abends aßen wir in einem kleinen Restaurant in Antibes und ließen vergnügt den Tag Revue passieren.
Samstag, der 29.September - Cannes - Vernissage
Dieser regnerische Tag war Cannes gewidmet.
Wir hatten lange geschlafen, spät gefrühstückt und auf der Autobahn von Antibes nach Cannes gefahren. Wir wollten auf der berühmten Croisette flanieren, das Picasomuseum besuchen und uns abends auf der Vernissage feiern lassen.
Guy Weil hatte ein Sonderangebot in dem nahen, unterirdischen Parkhaus erzielt.
Für das 24 Stunden Ticket zahlte man 14 Euro.
Wir schlenderten an unserem Salons du Port vorbei ohne hineinzugehen um unsere Werke zu besuchen. Dazu würden wir am Abend genug Zeit haben. Sollte doch Sissi Galerista derweil unsere Werke verkaufen.
In der Touristeninformation erhielt ich einen Prospekt für das Picasso-Museum wo zu meiner Freude geschrieben stand, dass der Eintritt nichts kostet.
Das war doch mal eine gute Publicity.
Gut, dass ich nicht wusste, was uns dort erwarten sollte.
Wir schlängelten uns durch den Regen und unser riesiger Golf-Regenschirm schützte uns, wie auch die vielen Riesenpalmen, welche die Croisette verschönten.
Ein Meer von weißblauen Flaggen erinnerten uns an die bayerische Heimat, doch sie sollten auf Picasso aufmerksam machen. Über dem Eingang war ein überdimensionales Plakat mit einem grauslichen Picassobild platziert. Ein kurzer Blick und eine gewisse Ablehnung regte sich in mir. Sollte dies ein weiteres Museum mit drittklassigen Picassos sein, wie in Antibes das Grimaldischloss. Doch wenn der Eintritt nichts kostete hat man kein Recht auf Kritik.
Ein etwas in die Jahre gekommenes altes, irgendwie hässliches Mädchen wollte von uns zwei Mal 10 Euro haben. Ich versuchte freundlich auf den Prospekt hinzuweisen, doch sie knurrte sie könne kein Deutsch. Wir seien schließlich in Frankreich. Ich wurde leicht erregt. Ein Schild bot eine Reduktion auf nur 5 Euro hin. Ich fragte, welche Kriterien man erfüllen müsse um in den Genuss der Minderung zu kommen. Sie knurrte, das gälte nur für Rentner über 65.
Ich frage mich, wie viel Euro Eintritt wohl dieser alte Drachen zahlen musste, um uns Besucher zu drangsalieren. Ich zeigte ihr meinen Ausweis mit meinem Geburtsdatum 1944. Es wäre ein Leichtes herauszurechnen, dass ich über 65 Jahre alt bin. Doch es half nichts, sie könne kein Deutsch und holte sich ein weiteres dieser weiblichen Museumsungeheuer.
Die sagte nun, der Preis von 5 Euro gälte nur für Studenten und da ich offensichtlich kein Student mehr sei müsse ich 10 Euro zahlen. Ich frage Marlen ob sie bereit sei 10 Euro zu zahlen. Ich würde meine 10 Euro lieber in ein Mittagessen investieren. Das gefiel meiner Marlene, denn auch sie hat ein feines Gespür, wann es genug ist mit der Schikane.
So bummelten wir zum alten Hafen mit dem herrlichen Panorama der Altstadt.
Der Regen prasselte während wir die Preise der vielen kleinen Restaurants verglichen.
Das italienische Restaurant eines Sizilianers machte den besten Eindruck und wir traten in eine gemütliche kleine Trattoria ein. Marlene bestellte sich ein Risotto al Mare und ich wollte auch etwas mit Fisch. Doch der Sizilianer hörte, dass ich italienisch kann und überzeugte mich, dass ich seine gefüllten Cannelloni napolitana essen müsse, Der Koch sei aus Neapel. Bessere Cannelloni gäbe es nicht einmal in Neapel. Also bestellte ich sie um hiermit bestätigen zu können, nie in meinem Leben bessere Cannelloni verspeist zu haben.
Nachmittags schauten wir bei Nieselregen den alten Männern beim Boule-Spiel zu. Da schmeißen sie auf eigenartige Weise treffsicher 5 Kilo schwere Eisenkugeln aufeinander und haben alle einen Mordsspaß.
Nun war es Zeit zu der Vernissage zu schlendern. Sie sollte um 18 Uhr beginnen und die berühmte Enkeltochter des großen Picassos sollte sich die Werke jedes einzelnen Künstlers anschauen. Gleich beim Eintritt sah ich den Präsidenten Guy und fragte wann Madame Picasso zu unserer Box käme. Die sei bereits vor einer Stunde dort gewesen, doch er würde dafür sorgen, dass sie persönlich noch einmal kommt, um Marlene und mir ihre Aufwartung zu machen.
Nach einer Weile kam sie tatsächlich im Gefolge ihrer Anbeter umringt von vielen Fotografen. Sie begrüßte uns freundlich und ließ sich von mir geduldig mein Hauptwerk erklären. Marlene hatte die Skulptur der Viola d´Amore so gedreht, daß man das Profil der Rückseite gut betrachten konnte. Ich erklärte der Enkeltochter, dass dies eine Hommage der Silvette sei, die ihr Großvater in seiner unnachahmlichen kubistischen Art einst gemalt hatte.
Ob das Enkeltöchterchen das alles verstanden hatte und zu würdigen wusste kann ich nicht beurteilen. Meiner Meinung nach hat sie nicht viel Ahnung von Kunst und ist vollauf beschäftigt das Riesenvermögen ihres Großvaters sinnvoll zu verteilen.
Es wurden viele Fotos von Marlene und mir mit Marina Picasso geschossen.
Ich habe viel erlebt und weiß, wie die Menschen ticken. Das Foto von Marlene und mir mit der berühmten Frau würden uns mehr helfen als all die vielen Ausstellungen, Worte und Huldigungen, die wir in den vielen Jahren unseres künstlerischen Daseins über uns ergehen ließen.
Es waren wohl die 5 Minuten Ruhm, die ein Mensch in seinem Leben bekommen kann. Dies meinte Andy Warhol eine berühmter Designer, den man irrtümlich für einen großen Künstler hält.
Sissi Galerista unsere italienische Vertreterin, eine andere deutsche Galeristin, die in der Nebenbox recht erfolglos ihre deutschen Künstler vertrat und die vielen Menschen waren erstaunt und begeistert und beglückwünschten mich zu meinem professionellen Auftritt.
Viele fragten Marlene: Ist Rolf immer so?
Und Marlene antworte: Ja, Rolf ist immer so!
Wege zum Ruhm
Wie sprach doch einst mein Freund Jesus?
Wenn du unter Wölfen lebst musst du wie die Wölfe heulen.
Anders ausgedrückt:
Will ein Künstler berühmt werden, muss er den berühmten Leuten nach dem Munde reden.
Normalerweise drücke ich dies sehr viel drastischer und ordinärer aus, denn ich fühle mich immer irgendwie dreckig, wenn ich jemanden in den Arsch gekrochen bin.
Es fällt mir immer wieder sehr schwer, wenn mich Menschen und Umstände zwingen nicht authentisch zu sein.
So habe ich beschlossen mit dem bisher erworbenen zugeteilten kleinen Ruhm zu leben.
Gerne wäre ich ein berühmter und gefeierter Künstler. Jedoch ist mir der Preis für einen größeren Ruhm zu hoch. Auch müsste ich befürchten mich selbst zu verlieren.
Wenn man die Biografie der Marina Picasso liest muß man erfahren, was der Ruhm aus Pablo Picasso machte.
Marina, die Enkelin von Pablo Picasso, hat in ihrer Kindheit schrecklich unter ihrem tyrannischen Großvater gelitten, der die Ehe ihrer Eltern zerrüttete und die Familie psychisch quälte
Es gibt noch tausend andere Beispiele wo Menschen am Ruhm zerbrochen sind.
Also lieber Rolf : Scheiß auf Ruhm und Geld. Bleibe Du selbst!
Sonntag, der 30.September - Matisse – Grand Diner a la Plage Royal
Wir hatten es fast geschafft. Der letzte Tag war angebrochen.
Das Wetter war uns wohlgesonnen und wir sausten auf der Autobahn gen Nizza.
Aus gutem Grunde. Auf den Landstraßen dauert es ewig.
Es herrscht sehr viel Verkehr in dieser Gegend.
Zuerst fuhren wir ans Meer auf den berühmten Boulevard d´Anglais.
Wie die gesamte Cote d´Azur war auch Nizza mit Sonne pur gesegnet. Den ganzen Tag scheint die Sonne vom Süden und verzaubert das Mittelmeer in ein azurblaues Märchen.
Da musste ich erst hierher fahren um zu verstehen , dass Cote d´Azur blaue Küste hieß.
Ich dachte immer dass dies ein erfundener Name ist – so wie Olio Extravergine, was ja nie und nimmer eine jungfräuliches Olivenöl ist. Dann auch noch Extra Vergine was "Extra Jungfräulich" bedeutet. Hat jemals ein Mensch eine extra jungfräuliche Maid gesehen.
Vielleicht die Jungfrau Maria, doch ist wohl auch dies ein Märchen aus Tausend und einer Nacht. Die Menschen des Mittelmeeres haben eine besondere Gabe die Dinge zu schönen.
Es gelang mir ein Foto von einem Segler auf azurblauen Meer zu schießen.
Vorher hatte ich einen Parkplatz auf der Schnellstraße am Meer gefunden.
Ausgerechnet auf der schnellsten aller Spuren, der linken Spur, wo alle mit Höchstgeschwindigkeit dahindonnerten befanden sich einige Parkbuchten, die alle wegen der Gefahr nicht belegt waren. Todesmutig parkte ich ein um danach erstaunt festzustellen, dass uns keiner angefahren hatte.
Wir fanden ein kleines Restaurant am unendlichen Boulevard und freuten uns des Lebens.
Nachmittags suchten wir das berühmte Matisse Museum.
Das war nicht leicht. Viele Menschen wiesen mir den Weg und je näher wir kamen desto unsicherer wurde ich. Extrem enge Straßen führten uns hoch in die Berge, wo die Vororte von Nizza lagen.
Eine Riesenvilla in weinrot lag inmitten eines Olivenhaines. Die Oliven waren noch nicht ganz so reif, wie unsere in der Toskana.
Sehr freundliche elegante Damen empfingen uns an der Rezeption und ich traute meinen Ohren nicht. Wirklich kein Eintritt!
Wir betraten den Weiheort des Malers Matisse ( 1869 – 1954 ).
Wie wäre er berühmt geworden, wenn nicht in seiner Zeit Picasso ( 1881 – 1973) gelebt hätte.
So lange hatte ich es nie zuvor in einem Museum ausgehalten.
Es war einfach nur schön.
Danach fuhren wir vergnügt nach Cannes, denn der großartige Guy Weil hatte zu einem besonderen Grand Diner a la Plage Royal am Strand der Croisette geladen
Hier nun die Speisekarte>:
Plage Royal
Monsieur Guy Weil
Artistes du Monde Cannes le 8 Aout 2012
Deroulement de l'evenement
Date de l'evenenent : dimanche 30 Septembre 2012
Heure : 20h
Nombre de person-nes 150-200 ( confirmer 3 jours avant)
Evenement Dîner d'artistes
Décoration plage (sable) illuminée. espace lounge
Bougies sur table, Nappes blanches
Tables de 8 ou 10 personnes rectangulaires
Musique : musique de fond lounge
Prix forfaitaire par personne 52:f TTC par personne
Apéritif de bienvenue
Kir au vin mousseux
Sodas et jus de fruits
Boissons pendant le repas
Vins Bailly de Château Minuty, Blanc, rosé et rouge 37.5C1- par personne
Badoit et Evian (50 cl par personne)
Cafe
Buffet
Entrées
Damier de tomates et mozzarella au basilic
Salade niçoise á la ventrêche de thon
Jambon serrano et melon du pays
Bouquet de crevettes roses
Gravelax de saumon mariné aux épices
Terrine de chèvre frais aux abricots
Plats chauds
Filets de loup snakès et sa concassée de tomates
Wok de lèumes aux germes de soja
Riz basmati ä la coriandre
Desserts
Salade de fruits frais
Tarte aux abricots
Crème brûlé aux gousses de vanille
Obwohl wir die einzigen Deutschen auf dieser internationalen Ausstellung waren hatte man uns an den Tisch der Italiener gesetzt. Wir waren die Ersten und so hatte ich mich mit Marlene an das hinterste Ecke des Tisches gesetzt um nicht doch noch in eine ungute Diskussion mit Sissi Galeria zu geraten.
Sie hatte sich ihr Geld redlich verdient und auch mit einer reichen Perserin gesprochen, die sehr an meiner Viola d´Amore interessiert war. Als es dann ernster wurde hatte ihr persischer Ehemann sie mit sanften Druck aus dem Verkaufsgespräch gezogen.
Die Perser sind auch nicht mehr das, was sie einst waren.
Die Zeiten des reichen Großkönigs Xerxes sind wohl für immer Vergangenheit.
So nahmen wir an dem üppigsten und lukullichsten Essen unseres Lebens teil.
Es gab nichts, aber auch gar nichts zu mäkeln. Bis auf meinen italienischen Nachbarn, der die Bedienung anraunzte, bei dem Preis müsse doch auch Weißbrot gereicht werden.
Hatte es sicher mit dem Coperto in der Heimat verwechselt. Da gibt es zum Besteck immer Brot, was man aber auch extra bezahlen muß.
Ein begnadetes Trio bestehend aus Contrabass, Guitarre und einem erstklassigen Violinenspieler ging von Tisch zu Tisch und spielte was gewünscht wurde. Am heitersten war es bei uns „Italienern“ Der Star hatte tatsächlich alle italienischen Opernarien und die neapolitanischen Lieder drauf.
Die Nacht war hereingebrochen. Die Sterne funkelten mit den Lichtern von Nizza um die Wette und ich begann zu verstehen, warum die Menschen alle so von der Cote d´Azur schwärmen.
Glückstrunken fuhren wir langsam auf der Landstraße in unser Hotel in Antibes.
Ich hatte meinen Frieden mit den Franzosen geschlossen.
Zurück in unserem Rustiko wollte ich dem Guy Weil einen schönen Dankesbrief schreiben.
Das fällt mir leicht und sicher bedanken sich nicht alle Künstler.
Besonders wenn sie nichts verkauft haben und nur die Teilnahmekosten und Spesen betrachten.
Montag, der 1. Oktober - Heimfahrt
Gestärkt fuhren wir nach dem Frühstück zum nunmehr vierten Male nach Cannes.
Diesmal um unsere unverkauften Werke abzuholen.
Das Chaos vor dem Eingang des Salons du Port war noch verheerender als bei der Anlieferung. Zig Mal musste ich umparken. Versperrte sogar für 15 Minuten die Einfahrt zum Hafen. Die dort Ankernden schrieen und tobten. Am tollsten führten sich die auf, die gar kein eigenes Boot hatten. Am gelassensten waren die Porsche- und Ferrarifahrer. Sie grinsten nur und hatten alle Zeit der Welt.
Froh war ich, dass unsere Kunstwerke alle noch unbeschädigt da waren.
Etwas sorglos hatte ich keine Valorenversicherung für sie abgeschlossen.
Das nächste Mal mache ich es wieder. Da sind die uns so wertvollen Bilder und Skulpturen von der Anfahrt bis zur Rückkehr versichert.
Wir verabschiedeten uns von der Galeristin Kalina, die wir irgendwie lieb gewonnen hatten.
Sie war vor 15 Jahren mit ihrem Ehemann Lubomir aus Bulgarien geflohen und waren nun dem Ausweis nach Deutsche mit einem slawischen Akzent. Sie ist eine sehr gute Malerin und Galeristin in Regen. Irgendwo da oben in Niederbayern.
Ein kurzes freundliches Ciao für Sissi Galeria und wir brausten nach Hause.
Wie sagte immer meine Mutter:
Nach Hause laufen die Pferdchen schneller.
Alles war gut. Kein Einbruch, alles va bene. Der Kater lebte und freute sich.
Wobei nicht ganz klar war ob er sich freute, dass wir wieder heil zurück waren oder auf die frischen Acciughe- Ölsardinen, die wir ihm sofort besorgt hatten.
Am nächsten Morgen würde ich das neue Modem für das Internet anschließen.
Das wird mir sicher nicht gelingen und Luca der Computerfreak wird es richten müssen.
Dann werde ich die 564 Spams löschen.
Von den 264 offiziellen E-Mails werden nur 7 übrig bleiben.
Denn es regnet werde ich diese Kurzgeschichte niederschreiben.
So geht am wenigsten von den frischen Eindrücken verloren.
Es gibt auch einige, die sich auf unsere Erlebnisse freuen.
Nächste Woche beginnt die Erntre. Die Oliven warten bereits.
Es war Samstag, der 24.November.
Es sollte ein ungewöhnlich angenehmer Tag werden.
Vormittags fuhr ich zum coop, um all das einzukaufen, was wir am Vortag vergessen hatten.
Nach dem einkauf fuhr ich auf einen Macchiato ( macchiato = befleckt - kleiner Espresso mit Milchschaum) Natürlich hoffe ich dort Fabio Seganti zu treffen um mit ihm zu besprechen, was ich von ihm erwarte, wenn er an meiner Geburtstagsausstellung am 22. Dezember in der Bottega del Café.
Gut gelaunt kam ich gerade zur rechten Zeit nach hause, als die Postbotin Chiara mir einen kleinen, einen großen Brief und ein Päckchen überreichte. Da war die Freude groß.
Im kleinen Brief teilte mir meine Münchener rück mit, dass sie auch dieses Jahr mit der Betriebsrente ein ansehnliches Weihnachtsgeld schenkt. Damit war ein Strafmandat fürs Auto, die Ausstellung in der Bottega und das anschließende Abendessen in Serravalle gesichert.
Im Päckchen waren die beiden Fotoalben vom Amerikaurlaub 2010 und vor allem unser Kunstsurlaub in Cannes. Ein Album war schöner als das andere. Fotoquelle hatte ein tolles Programm für Alben und die Ausführung war shöner als ich es zu haoffen wagte.
Doch der Brief von Antonella Pintor an Marlene – der brachte es!
Darin fanden wir das wunderbare Diplom:
Ich bin jedes Mal auf das Äußerste überrascht, wenn meine geliebte Marlene einen großen Preis erringt. Warum bin ich überrascht. Nicht , weil ich an ihren Fähigkeiten zweifele. Nein, ich bin überrascht, dass die Menschen in der Jury eine großartige aber bescheidene Künstlerin ehren. Die Welt scheint doch nicht so schlecht zu sein, wie e ich es meine!