Ich zitiere aus meinem Buch " Ach du arme Kunst "
Kapitel 7.1.4
Ausstellung
Viareggio 2015
Buchpräsentation „ Artisti in Versilia“
Orata non c´è
Eines der größten Highlights - wenn nicht gar das größte Ereignis in meinem, doch sehr bewegten Künstlerleben auf dem Weg zu ewigen Ruhm – war die Buchpräsentation in Viareggio im Hotel Esplanade. In dem Hochglanzbuch „ Artisti in Versilia“ werden Marlene und ich verewigt.
Das ist insofern bemerkenswert, da wir nicht in der Versilia leben. Doch bei den wenigen Künstlern, die es in der Versilia gibt, wurde jeder Künstler, der jemals durch die Versilia reiste und dort künstlerisch tätig war, in Ehren in dem Buch aufgenommen.
Die Versilia ist eine Küstenlandschaft in der nordwestlichen Toskana in den Provinzen Lucca und Massa Carrara. Namensgebend ist der 12 km lang Fluss Versilia. Viareggio hatte schon bessere Jahre erlebt. Um 1900 war es ein mondäner Treffpunkt der Schriftsteller, Künstler und des Adels. Nur einmal im Jahr, in der Zeit des Karnevals erwacht die Stadt.
In dem Buch gibt es je eine Doppelseite für uns.
Marlene zeigt ihr wunderschönes Märchenbild Schneewittchen und ihr Meisterwerk Torre del Lago mit der herrlichen Kritik von Nicola Nuti. Torre del Lago in der Toskana liegt am Meer und ist insbesondere deswegen berühmt, weil dort der italienische Opernkomponist Giacomo Puccini (1858-1924) mehr als 30 Jahre seines Lebens verbrachte. Direkt am schönen See Lago di Massaciuccoli kann man seine Villa besichtigen. Jedes Jahr im Sommer findet dort auf einer Seebühne das „Puccini-Festival“ mit großartigen Opernaufführungen des Meisters statt.
Ich zeige das Aquarell mit Puccini und seiner Villa in Torre del Lago, mit dem ebenfalls der Bezug zur Versilia hergestellt war. Natürlich fehlt nicht die Viola d´Amore mit der unglaublichen Kritik von Roberto Lasciarrea. Ich war ganz glücklich über die Veröffentlichung dieses Buches, denn es war immer mein größter Wunsch als Bildhauer anerkannt zu werden, denn Maler gibt es wie Sand am Meer. Das ist kein Affront gegenüber Marlene, denn sie ist eine der wenigen Hinterglasmalerinnen in der Welt.
Spät kommt der Ruhm meistens dann,
wenn man ihn nicht mehr braucht.
In dem ehrwürdigen Hotel der verblichenen Bel Epoche, namens Esplanade, wurde das sehr schöne Büchlein “ Artisti in Versilia“ dem Publikum vorgestellt. Der Initiator war der bekannte Fernsehjournalist Fabrizio Borghini. Diesen famosen Mann hatten Marlene und ich bereits 1999 bei unserer ersten Ausstellung in der Galeria Mentana in Florenz kennenlernen dürfen. Seit nunmehr fünfzehn Jahren begleitet er wohlwollend unseren künstlerischen Werdegang. Bereits im Frühjahr hatte er das Buch „ Scultori in Toscana “ veröffentlicht in dem ich ebenfalls mit einer Seite präsentiert werde.
An diesem Samstag, es war einer dieser herrlichen sonnenüberfluteten Tage im September trafen sich all die im Buch verewigten Künstler. Wir hatten unsere Freunde Andrea mit seiner Gattin Angela gebeten uns zu begleiten. Zuerst präsentierten sich langatmig die Organisatoren der Buchpräsentation. Während sie sich gegenseitig beweihräucherten betrachtete ich die Werke der anderen Künstler. Sie redeten so geschwollen, dass ich trotz meiner mühsam erworbenen italienischen Kenntnissen von über zwanzig Jahren kein Wort verstand. Ich holte mir die zwanzig Bücher ( 10 für Marlene und 10 für mich ) zahlte den Preis von zweihundert Euro. Dann ging ich hinaus ins Freie und rauchte eine Pfeife unter den Palmen der Esplanade um das schöne kleine Büchlein Artisti in Versilia zu studieren.
Ich kam gerade noch zurecht um mir die Lobhudelei über das Hotel Esplanade anzuhören, das seine Räume für die Buchpräsentation zur Verfügung stellte. Besonders wurde die exzellente Küche gelobt - eine Perle der toskanischen Kochkunst. Da war ich aber gespannt, denn ich hatte bei den Organisatoren die angebotene Orata als Hauptgang bestellt. Wollte sehen, ob sie besser kochen als meine Marlene. Das ging natürlich voll in die Hose. Das Personal war schlecht gekleidet und hatte keine Ahnung was Hotelservice bedeutet. Obendrein waren die hässlichen Bedienungen extrem unfreundlich. Ein Chef, beziehungsweise ein Oberkellner, der den Service für die hundert geladenen Gäste leitete, glänzte durch Abwesenheit.Zuerst verschüttete die mürrische Bedienung die Vorspeise vom Andrea auf dem Tisch. Erst als ich bat das Malheur zu beseitigen bequemte sie sich das Tischtuch zu wechseln. Alle bekamen als Hauptmahl frittierte Tintenfische. Als mir die Bedienung ebenfalls Fritto misto auf den Tisch knallte, bat ich um meine bestellte Orata. Das ist eine sehr, sehr gut schmeckende Goldbrasse, wenn sie gut zubereitet ist.
Die Bedienung schrie:
Orata non c´´e ! Orata gibt es nicht!
Andrea, Angela und Marlene verdrehten die Augen, denn sie wussten was nun kam.
Rolf würde sich das niemals bieten lassen.
Ich forderte die arme Bedienung, nun schon etwas gröber im Ton auf, mir meine bereits vor Wochen bestellte Orata zu bringen. Sie plärrte mich an:
Orata non c´´e !
Der immer beherrschte und freundliche Fabrizio Borghini ( Chef des toskanischen Kultur Fernsehsenders ) und Organisator des Spektakels kam an unseren Tisch und versuchte die Angelegenheit gütlich zu regeln. Ich bestand auf meiner Orata. Doch im ganzen Hotel mit seiner außergewöhnlich guten toskanischen Küche gab es keine einzige Orata, dabei schwimmen draußen im toskanischen Meer tausende von diesen Fischen. Wahrscheinlich hätten sie ein Fischerboot hinaus aufs Meer schicken müssen um dem aufgebrachten Rolf seine Orata zu fangen. Ich beendete die Sache.
„ Keine Orata- kein Geld!“
Sprach und verschwand ohne etwas gegessen zu haben, denn die Vorspeise bestand nur aus Sachen, die ich als Diabetiker und mit Gicht gestrafter Mensch nicht essen darf.
Ganz nebenbei: Die Vorspeisen wurden in erbärmlichen Plastikgeschirr serviert. Soviel zur exzellenten außergewöhnlich guten toskanischen Küche in einem verstaubten altmodischen Hotel, das auch schon bessere Zeiten gesehen hatte. Ich war mir sicher, dass es sich bei der Mannschaft und den Köchen um einen drittklassigen Catering Service handelte.
Wir trafen uns dann alle an dem herrlichen goldfarbenen Strand und ich musste erfahren, dass auch die anderen Gäste nicht ihre bestellte Orata bekamen. Der einzige der wieder mal Ärger machte war ich.
Eine Woche später schrieb mir Fabrizio Borghini eine Mail, entschuldigte sich für das Malheur und fragte ob dieser ihm schrecklich peinliche Vorfall unsere Freundschaft trüben könne.
Ich antworte ihm, dass keine Orata auf dieser Welt gute Freunde trennen kann.
Vorsorglich fügte ich den Schriftverkehr bei, in dem mir seine Sekretärin zweimal bestätigte eine Orata bestellt zu haben, doch
Orata non c´´e !
Was bleibt ist ein schönes Buch, in dem Marlene und ich für alle Zeiten verewigt sind.